10. Tag Jacobsweg

Die Erfahrung von gestern, dass ich körperlich weit über meine Grenzen gegangen bin, möchte ich heute ausgleichen. Und zufällig (!) liegt der Bahnhof auf dem Camino Richtung Norden. Sagt es keinem weiter, wir sind ja unter uns, aber ich habe mich in Vigo in den Zug nach Redondela gesetzt. 12 Minuten. Und ich fand es toll!

Besser als die DB

Mit meiner Zugbekanntschaft, der es ähnlich wie mir ging, habe ich dann noch im Café ein gutes Gespräch geführt. Dann ging es raus aus Redondela Richtung Norden.

Es sind laut Navi von hier noch 6,5 km bis zu meiner heutigen Unterkunft und zum Schluss werden es knapp 10 km sein inclusive Bergaufgehen, das reicht vollkommen für einen „Ruhetag“.

Eisenbahnbrücke Redondela
Die Wolken ziehen ab
Kaiserwetter
Nur noch 84 km bis zum Ziel

Eigentlich hatte ich gar nicht nach dem Weg gefragt, aber nach einer kleinen Rast schaute ich zur Orientierung auf mein Google Maps und hatte schwupps wieder einen galizischen „Guide“ an meiner Seite. Sogar zwei: Mann mit Hund.

Gassi mit Hund und Bille

Er hatte wohl Zeit -wer hat das heute noch?- und liess erst gar keine Widerrede aufkommen. Er drehte um, den Hügel hinauf zeigend und wollte mich davor bewahren, den Berg steil hinaufgehen zu müssen. Steiler als jetzt. In der Mittagssonne. Oh jeh.

Tolle Aussicht zwischendurch

Schweigend trieb er mich gnadenlos den Hügel bis auf halbe Höhe rauf. Langsamer ging nicht, er war auch ein Läufer (aber ohne Rucksack!), Pause machen schon gar nicht.

Ich war glücklich über jeden Schatten und vom müden Hund erzwungene Gehpause.

Gnadenlos geht er mit mir Gassi

Dummerweise liegt das Hotel mitten in einer Hügellandschaft. José Miguel zeigt mir den Weg um den Hügel auf halber Höhe. Ohne Gespräch und wenn nur ein wenig mit meinen paar Brocken Spanisch. Die Galizier helfen wohl sehr gerne, aber ohne Geplauder. Mir seinen Namen zu sagen musste ich mir zum Abschied quasi erzwingen.

Endlich am Ziel

Ich hatte gar nicht mehr in Erinnerung, dass diese Unterkunft so eine besondere Lage hat. Traumhaft, endlich mal nach den ganzen selbstauferlegten Strapazen ein echter zumindest halber Urlaubstag. Ich werde ihn genießen.

9. Tag Jacobsweg

Heute wieder sehr unterschiedliche Eindrücke, weil ich zunächst den „Inlandsweg“ dem Weg am Strand vorgezogen habe.

Es geht los in Sabaris über eine historische Brücke. Das hat ein besonders Pilger-Flair.

Es folgt ein absolut stiller Weg, auf dem ich die angenehme Morgen -Atmosphäre genießen kann. Ein Moment, indem ich sehr zufrieden damit bin, so ganz alleine unterwegs zu sein. Das ist durchaus nicht immer so.

Ich entdecke diese Kirche
Und schaue mir den Innenraum an.
Im Kirchgarten der fast 400 Jahre alte Olivenbaum.
„Kirchstrasse“, wie passend

Die Beschriftung ist anfangs noch hervorragend.

Nicht zu übersehen.

Sehr liebevoll an einer privaten Hauswand der Gruß an die Pilger:

Bemalte Fliesen

Irgendwann verliere ich die Orientierung. Und genau in diesem Moment kommt ein Einheimischer vorbei, der sowieso gerade seine Runde macht und mich und eine junge Polin unter seine Fittich nimmt. Sehr bestimmt und dann schweigsam führt er uns durch ein Labyrinth durch Wäldchen am Rande des Industriegebietes hinaus zum nächsten Örtchen Nigran.

Wir dackeln hinterher. Den hat bestimmt der Himmel geschickt.

Sein Tempo über ca 2 km halte ich kaum durch, ich bin doch eher langsam. Er hat allerdings auch keine 7 kg auf dem Rücken.

Das hätten wir nie alleine gefunden.

Er erzählt vom Camino Frances (800 km von Frankreichs Grenze bis Santiago), den er in 30 Tagen geschafft hat. Kaum zu glauben, starke Leistung. Turbo aus meiner Perspektive. Danke, Juan oder wie immer auch dein Name war.

Danach folgt wieder eine ländliche Phase

Hohlweg leicht bergauf
Es lichtet sich
Blick auf die Bucht zurück von Bayona
Toller Ausblick gegen Mittag
Straße runter Richtung Strand
Toller feiner Sandstrand, und so leer

Nach etlichen Kilometern und auch Umwegen (ich folgte heute nur dem Gefühl und nicht unbedingt Navy, das macht Strecke sag ich Euch!)

Wunderschön
Ein Flusszulauf wird überquert
Beliebter Strand von Samil vor Vigo

Und nun nochmals rechts ab, Hügel hoch, es ist nach 16 Uhr und ich bin körperlich am Ende. Noch 6 km. Der komplette Körper besteht aus Schmerz. Der Kampf mit dem inneren Schweinehund: „Nein, ich nehme nicht den Bus!“, obwohl ich Dutzende von Haltestellen passiere.

Großstadt in Sicht.

Ich hab mir das ja freiwillig ausgesucht, jetzt muss ich tapfer sein. Erstaunlich, wie der Mensch eigene Grenzen wahrnimmt und auch überschreiten kann.

Erneut Richtung Meer
Kunst am Bau bringt mich zum Lächeln

Handy-Akku ist leer, mein Akku quasi auch.

Vigo Innenstadt

Ich schleppe mich glücklich zum heutigen Stadthotel. Schlicht, aber sauber. Dusche kalt, aber egal. Ausruhen.

Hotel Nautico in Vigo
Hafen

Der Stadtbummel reduziert sich quasi auf Null, hier der einzige Schnappschuss an der Promenade

Nach 26 km reicht es für heute